Ferdinand Kramer

1919 Studierender am Bauhaus

Porträt Ferdinand Kramer, Foto: Nini und Carry Hess, um 1918–1919.
Porträt Ferdinand Kramer, Foto: Nini und Carry Hess, um 1918–1919. © Ferdinand Kramer Archiv.
  • Geboren 22.1.1898 Frankfurt am Main, Provinz Hessen-Nassau (Deutsches Reich) | Deutschland
  • Verstorben 4.11.1985 Frankfurt am Main, BRD | Deutschland

  • Geburtsname Carl Friedrich August Ferdinand Kramer

  • Tätigkeiten Architekt, Gestalter, Hochschullehrer

Carl Friedrich August Ferdinand Kramer wurde am 22. Januar 1898 in Frankfurt am Main geboren. 1919 begann Kramer sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in München bei Theodor Fischer. Auf dessen Vorschlag schrieb er sich im selben Jahr am kurz zuvor gegründeten Bauhaus in Weimar ein. Enttäuscht über die fehlende reguläre Architekturausbildung verließ Kramer Weimar allerdings nach wenigen Monaten wieder – auch ein Brief von Walter Gropius, in dem dieser sein tiefstes Bedauern ausdrückte, konnte Kramer nicht halten. Er kehrte zurück nach München und schloss 1922 sein Architekturstudium ab.
Da aufgrund der Inflation zunächst die Bauaufträge ausblieben, entwarf Kramer Kleinmöbel, Kannen, Lampen und andere Gebrauchsgegenstände, die 1924 auf der Wanderausstellung des Deutschen Werkbundes „Die Form“ gezeigt wurden. Außerdem entwickelte er für die Innenarchitektin, Möbel- und Modedesignerin Lilly Reich (spätere Partnerin des dritten Bauhausdirektors Ludwig Mies van der Rohe) den „Schiffermanns-Ofen“ – einen Vorläufer des „Kramer-Ofens“, der ab 1925 von der Firma Buderus in verschiedenen Typen in großen Serien produziert wurde. Mit Lilly Reich reiste Kramer 1924 in die Niederlande und nach London, wo sie u.a. Bauten von Architekten der De Stijl-Gruppe und andere neue Arten des Siedlungsbaus besichtigten.
Ab 1925 arbeitete Kramer mit an Gestaltung und Aufbau des Neuen Frankfurt des Stadtplaners und Architekten Ernst May, einem innovativen, sozialen Stadtplanungsprojekt. Als Angestellter des Hochbauamtes entwarf er in der Abteilung Typisierung vor allem kombinierbare Leichtbaumöbel aus Sperrholz, ebenso wie teure Kombinationsmöbel aus Massivholz, diverse Leuchten und Gebrauchsgegenstände wie Türklinken für die typisierten Siedlungsbauten des Neuen Frankfurt.
Auf der Ausstellung zur Eröffnung der Stuttgarter Weißenhofsiedlung 1927 demonstrierte Ferdinand Kramer den Aufbau des May’schen Plattenhauses aus vorfabrizierten Fertigteilen, das sogenannte Frankfurter Montageverfahren. Außerdem richtete er sowohl dieses Gebäude, als auch eines der Häuser von J. J. P. Oud und eine Wohnung im Miethausblock von Mies van der Rohe mit seinen Möbeln ein. Ursprünglich war Kramer auch ausgewählt worden, ein Haus für die Weißenhofsiedlung zu bauen, was er aber erst 1984 erfuhr.
1926 baute Kramer die Zentralgarage der Frankfurter Automobildroschken-Gesellschaft und 1929 – gemeinsam mit Eugen Blanck – die neun Laubenganghäuser, Zentral-Wäscherei und Fernheizwerk in der Frankfurter Siedlung Westhausen. Außerdem unterrichtete er an der Frankfurter Kunstgewerbeschule funktionelle Architektur und Möbelbau. Ab 1930 arbeitete Kramer als selbständiger Architekt in Frankfurt und übernahm zahlreiche Neubauten, Umbauten und Einrichtungen von Wohnungen, Büros, Läden und Instituten. Im September 1933 trat er aus dem Deutschen Werkbund aus. Seine Arbeiten wurden von den Nationalsozialisten als „entartete Architektur“ diffamiert. 1937 erhielt er wegen politischer Unzuverlässigkeit Berufsverbot und emigrierte im März 1938 in die USA.
Zunächst war Kramer Mitarbeiter in verschiedenen Architekturbüros, leitete vo 1939 bis 1940 zwei Siedlungsgesellschaften des 1934 in New York neu gegründeten Frankfurter Instituts für Sozialforschung. 1940 erhielt er die Architekten-Lizenz. Außerdem entwarf er eine fahrbare elektrische Miniküche („Service Wagon“, 1941), die vielseitig kombinier- und zusammenklappbare „Knock-Down-Furniture“ (1942) sowie eine Serie Gartenmöbel (1944), die auch für das Weiße Haus benutzt wurden. Mit dem Designer Calvert Coggeshall entwarf Kramer ein Typenhaus aus vorfabrizierten Bauteilen mit versetzbaren Wohnungstrennwänden und entwickelte von 1945 bis 1947 „Vizual“, ein völlig neues visuelles System für Warenhäuser, sowie falt- und verstellbare Gartenliegen aus Aluminiumrohr („Feather-Lite“) und 1951 den Papier-Regenschirm „Rainbelle“, der ein Verkaufsschlager wurde.
1952 kehrte Ferdinand Kramer – auf Initiative Max Horkheimers, des Rektors der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität – nach Deutschland zurück und übernahm die Leitung des Bauamtes der Universität in Frankfurt am Main. Innerhalb von zwölf Jahren wurden unter seiner Regie 23 weitgehend flexibel zu nutzende Institutsbauten errichtet. Von 1964 bis 1984 arbeitete Ferdinand Kramer wieder als selbständiger Architekt und baute Wohnhäuser in Frankfurt, Wiesbaden, Bad Homburg und in der Schweiz. Er schrieb für Fachzeitschriften und hielt Vorträge an internationalen Hochschulen und anderen Institutionen. Kramers Werk als Architekt und Designer wurden seit den Achtzigerjahren zahlreiche Einzelausstellungen gewidmet, u.a. 1982–1983 im Bauhaus-Archiv Berlin. Ferdinand Kramer starb am 4. November 1985 in Frankfurt am Main.

  1. Literatur:
  2. · Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung Berlin (1982): Ferdinand Kramer – Architektur & Design, Berlin.
    · Bernd Eichhorn (1991): Sichtbeton und Stahlskelett. Ferdinand Kramers Universität, in: diskus. Frankfurter StudentInnenzeitung, Nr. 4, S. 50–53.
    · Astrid Hansen (2001): Die Frankfurter Universitätsbauten Ferdinand Kramers. Überlegungen zum Hochschulbau der 50er Jahre, Weimar.
    · Thilo Hilpert (1961): Ferdinand Kramers Hochhaus der Philosophen, Frankfurt 2001. Moderne vor dem Abriss. Gebäude und Möbel, Wiesbaden 2007.
    · Jochem Jourdan (1974): Ferdinand Kramer Werkkatalog 1923–1974, Schriftenreihe 3 der Architektenkammer Hessen.
    · Claude Lichtenstein (1991): Ferdinand Kramer – Der Charme des Systematischen, Zürich.
    · Claude Lichtenstein (1991): Ferdinand Kramer – Der Charme des Systematischen, in: Werkbund Archiv, Bd. 23, Berlin.
    · Fabian Wurm (1989): Bauten für den zweiten Blick – Die Architektur des Ferdinand Kramer, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Februar 1989, S. 142–147.
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